Pop Rocky

Ich scheiss auf die WM

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Am Donnerstag geht die WM in Brasilien los. Die teuerste WM aller Zeiten. Im Land des Fußballs. Bei der fußballverrücktesten Nation weltweit. Dort wo gerade das Volk auf die Straßen geht um gegen dieses Großereignis im eigenen Land zu demonstrieren. In den letzten Wochen hat man erschreckende Bilder aus Brasilien gesehen. Demonstrationen an jeder Ecke. Gegen die Austragung der WM. Und das obwohl der brasilianische Fußballverband dieses Jahr 100 Jahre alt wird. Es wird zu gewalttätigen Auseinandersetzungen während der WM kommen. Das Volkskomittee will mindestens ein WM-Spiel verhindern. Und die Antwort wird sein: Gewalt. Auf allen Ebenen.
Da keines der Stadien den FIFA-Anforderungen entsprach, hat man kurzerhand modernisiert und natürlich jede Menge neuer Stadien gebaut. Auch wenn man die danach nicht mehr braucht. Ha ja nur 2,5 Milliarden gekostet. Kann man schon mal machen. Über die Zwangsumsiedlung von Zehntausenden Menschen wird geschwiegen. Oder die Entführung und Ermordung der Straßenkinder, die nicht ins Straßenbild passen. Der dänische Journalist Mikkel Keldorf hat seine Dokumentation „The Price of the World Cup“ getauft und ins Netz gestellt.

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Die U-Bahn-Mitarbeiter in Rio haben drei Tage lang gestreikt um auf die Mißstände der einfachen, unterbezahlten Arbeiter aufmerksam zu machen. Und am WM-Eröffnungstag wollen Sie wieder streiken. Wenn das passieren sollte bricht der komplette Verkehr zusammen und das Stadion wird halb leer bleiben. Und die Polizei wird wieder auf die Streikenden eindreschen, weil „das Recht der Fans auf die Spiele“ durchgesetzt werden müsse. Ländern, in denen Menschenrechte verletzt werden, in denen auf die Umwelt keine Rücksicht genommen und die Pressefreiheit eingeschränkt wird, hatten wir in den letzten Jahren zu genüge und es folgen noch einige. Ob die Olympiaden in Sotchi und China, oder den anstehenden Fußball-Großereignissen in Katar und Russland. Hier regiert der Rubel. Was haben wir uns schon über sklavenähnliche Zustände bei den Prunkbauten geärgert, über die Vertreibung von ganzen Dörfern. Über die Wegsperrung von politischen Gegnern. Über die Internet-Zensur. Meist schon im Vorfeld der Ereignisse. Und in Brasilien wird es wieder genauso ablaufen: Sobald die WM losgegangen ist interessiert sich keine Sau mehr dafür. Für Ruhe sorgen in Brasilien 100.000 Polizisten und 60.000 Soldaten. Wir scheinen im Krieg zu sein. Gegen die eigenen Völker. Ist es nicht zum Kotzen, wenn Politiker Milliarden für solche Spiele aufbringen, während es einem großen Teil der Bevölkerung an der Grundversorgung mangelt? Jennifer Lopez hat kurzfristig Ihre Teilnahme abgesagt und sich dafür stark gemacht die WM auf Eis zu legen. Und das obwohl Sie die Promo für Ihr neues Album und die offizielle WM-Hymne dringend nötig hätte.
Ist es nicht spätestens jetzt höchste Zeit das System Sportgroßereignis zu überdenken? Ich finde schon und deshalb scheiss ich auf die WM. Und zwar einen großen Haufen. Der Sport steht nicht mehr im Mittelpunkt. Es geht nur noch ums große Geld. Für einige wenige. Und um Macht. Korruption dürfte hier bei der Vergabe der Austragungsorte selbstverständlich sein; von Transparenz keine Spur. Das ist bei der FIFA so, beim olympischen Komittee und bei der Formel 1 so. Und das wird sich wohl auch nicht so schnell ändern. Natürlich entscheiden die Großsponsoren wie Adidas & Co mit wo die Spiele stattfinden sollen. Daß in Asien und Russland noch Umsatzsteigerungen für deren Unternehmen drin sind ist auch klar.

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Die Olympiade in Sotchi hat 40 Milliarden verschlungen, etwa das Zehnfache einer „normalen“ Olympiade. Das ist einfach nur noch größenwahnsinnig. Für das Geld könnte man viel fürs Volk tun. Aber in diesen Ländern geht es eben nicht ums Volk, sondern nur um die eigene Bereicherung der oberen Tausend und um Machtdemonstration. Ein bisschen Gegenwehr seitens der Journalisten und einiger weniger Politiker. Das war’s dann auch schon. Die Sportler selbst wollen meist nichts von den Mißständen wissen da solche sportlichen Großereignisse fett Geld abwerfen. Und in vielen olympischen Disziplinen sind die Sportler auf die paar kleinen Sponsoren, die Sie haben, angewiesen und können es sich nicht leisten, aus Protest fernzubleiben. Ansonsten hört man immer dieselbe Ausrede: „Wir sind Sportler und keine Politiker“. Zumindest treten die Athleten für Ihr Land an und somit hat es schon irgendwie eine politische Bedeutung.

Die FIFA macht etwa eine Milliarde Umsatz pro Jahr, davon entfallen ca. €50Millionen auf Gehälter. Macht einen Durchschnittsverdienst pro Mitarbeiter von weit über 100k. Was da noch so nebenher cash läuft weiß kein Mensch. Wie man aber eine WM in Katar rechtfertigen kann, wissen die Aasgeier selbst nicht. Das Land hat nichts mit Fußball zu tun, es herrscht eine erdrückende Hitze und die Arbeiter dort werden wie Sklaven behandelt. Wohlgemerkt in einem Land das im Geld schwimmt. Und dann sind da noch die Korruptionsvorwürfe, die immer lauter werden. Selbst der Kaiser Franz steht im Visier der Fahnder. Daß dieser die Untersuchungen gegen Korruption bei der FIFA nicht unterstützt liegt seiner Aussage nach daran, daß sein Englisch zu schlecht ist um die gestellten Fragen zu beantworten. Das Spielchen dürfte schon seit Jahrzehnten so laufen. Unter dem Deckmantel „Sport“ wird Kohle gescheffelt, daß es kracht. Ein paar Wenige verdienen sich eine goldene Nase und der Steuerzahler übernimmt die Lasten. Um den Sport geht es schon lange nicht mehr, auch wenn uns das Sommermärchen 2006 immer noch gut in Erinnerung ist. Hier hat halt irgendwie alles gepasst: wir Deutschen können es uns leisten, eine WM auszurichten, das Wetter war Bombe, die meisten Mannschaften mußten nicht mit der Zeitverschiebung kämpfen und: die Infrastruktur war vorher schon da. A Propos Wetter: in Brasilien wird es zwischen Norden und Süden Temperaturunterschiede von 40 Grad geben….

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Ich für meinen Teil werde die WM boykottieren so gut es geht, auch wenn das nicht viel bringen wird. Die Deutschlandspiele werde ich mir trotzdem reinziehen. Denn die können ja nichts dafür, daß die Brasilianer so viel Scheiße bauen. Da wir höchstwahrscheinlich recht früh ausscheiden werden wird das Thema schneller vom Tisch sein als uns lieb ist.

 

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